Anna Kim / Amarâq / gjendiktet av Freddy Fjellheim

Amarâq liegt am Ende der Welt, es ist ein Ortschlucker: ein Ort, der einen ebenso verschluckt wie den Ort, an dem man sich befindet; der vorgibt, weniger ein Ort zu sein als vielmehr ein Eingang zu einem Ort, den man nicht wieder verlassen kann, sobald man ihn betreten hat, denn der Eingang ist kein Ausgang. 

Einerseits liegt das daran, dass mit dem Betreten Amarâqs die Erinnerung auszutrocknen beginnt und man allmählich vergisst, wie man an diesen Ort gelangte und dass man einmal ankam, ja, man beginnt zu vergessen, wie es war, als man ankam, und man glaubt sich an keinen anderen Ort mehr zu erinnern als an Amarâq, denn die Grenzen, die diese Stadt einschließen, legen sich um den Hals wie ein schwerer Schal, der das Wenden des Kopfes unmöglich macht, den Blick zurück. So setzt ein Vergessen ein, das maßgeblich das Ende der Welt zu dem macht, was es ist: zum Ende. 

Andererseits ist am Ende der Welt das Ende all dessen, was zur Welt gehört. Amarâq ist nicht nur ein Ort mit eigenen, unverwechselbaren Koordinaten, Amarâq besitzt auch eine Aufgabe, nämlich die, zu beenden. Das bedeutet, dass es an dieser Stelle zu einer Unterbrechung von Welt kommt, es bedeutet auch, dass es hier keine Fortsetzung von Welt gibt, dass es nach Amarâq nichts mehr gibt. Am Ende der Welt wartet demzufolge das Nichts, bis es an der Reihe ist, aber vielleicht ist es gar nicht das Nichts, das wartet, sondern das Etwas, das jedoch dermaßen ungeformt und ungeordnet ist, dass es dem Nichts ähnelt, wo es doch in Wahrheit alles ist. Amarâq wäre dann ein Ort, der alle Möglichkeiten bereithält, weil er in Wirklichkeit keine bereithält, da aber alles offen ist und sich diese Möglichkeiten im Chaos verbergen, weiß man nicht von ihrer Existenz. 

Weil an dieser Stelle die Welt aufhört, befinden sich hier lediglich ihre Reste, vereinzelte, zaghaft bunte Häuser, die Ausläufer vereinzelter, zaghaft bunter Häuser, und auch die Vegetation geht zu Ende, es gibt sie ausschließlich in Miniaturversionen: winzig kleine Pflanzenausläufer. 

Amarâq ist eine auslaufende Welt, weswegen das, was von ihr übrig ist, das Elementare, das Unverzierte, Unverstellte, geometrische Grundformen sind: Kegel und Quader. Die Stille, die von dieser Kargheit ausgeht, wird vom Kalben des Eises unterbrochen, den Meereswellen, dem Plätschern des Regens, dem Rieseln des Schnees; dieser Ort ist lediglich Kulisse für die Spielformen des Wassers. 

Aber vielleicht muss die Landschaft Amarâqs eine verhaltene sein, damit sie zeigen kann, dass die Erde in Wahrheit nicht das Gegenteil des Himmels, sondern seine Ergänzung ist: dass am Ende der Welt die Unterscheidung zwischen Himmel und Erde aufgehoben und der Himmel ein ebenso gewaltiges Meer ist wie das Meer ein gewaltiger Himmel und die Berge Wolken mit grauen Säumen und dass es im Bereich des Möglichen liegt, diese Spiegelung zu besteigen, und nicht bloß sie, sondern auch das echte Gewölbe, indem man auf die letzten Regentropfen wartet, den ersten Sonnenstrahl und den Regenbogen, auf den untersten Himmel, um anschließend langsam von Bogen zu Bogen, von Farbe zu Farbe zu klettern, im Winter, wenn alles gefroren ist, und mit jedem Schritt würde sich bestätigen, dass sich das Ende der Welt in der Höhe fortsetzt, dass es sich demnach nur um ein scheinbares Ende handelt. 

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Amarâq ligger ved verdens ende, det sluker steder: det er et sted som både sluker den som er på stedet og stedet selv; det foregir at det egentlig ikke er et sted, men inngangen til et sted man ikke kan forlate når man først har kommet dit, for inngangen er ingen utgang.

Dette skyldes på den ene siden at hukommelsen begynner å tørke inn når man kommer til Amarâq, og man glemmer gradvis hvordan man nådde fram til stedet og at man overhodet har kommet dit, ja, man begynner å glemme hvordan det var da man ankom, og man tenker at man ikke lenger kan huske andre steder enn Amarâq, fordi grensene som omgir stedet, legger seg som et tungt skjerf rundt halsen og gjør det umulig å snu på hodet, for å se seg tilbake. Så setter en glemsel inn som gjør verdens ende til det den er: slutten.

På den annen side er verdens ende slutten på alt som tilhører verden. Amarâq er ikke bare et sted med egne, umiskjennelige koordinater, Amarâq har også en oppgave, nemlig å avslutte. Det betyr at verden blir avbrutt på dette stedet, det betyr også at det ikke finnes noen fortsettelse av verden her, at det ikke finnes noe etter Amarâq. Ved verdens ende venter følgelig Intet på sin tur, men kanskje er det ikke Intet som venter, men Noe som er så uformelig og uordnet at det ligner Intet, mens det jo i virkeligheten er alt. Amarâq ville da være et sted som holder alle muligheter åpne, fordi det i virkeligheten ikke holder noe åpent, men siden alt er åpent og disse mulighetene skjuler seg i kaoset, vet man ikke om at de eksisterer.

Fordi verden opphører på dette stedet, befinner bare restene seg her, sporadiske, unnselige hus i alle mulige farger, sideskuddene til sporadiske, unnselige hus, og også vegetasjonen tar slutt, den finnes utelukkende i miniatyrversjoner: plantenes bitte små sideskudd.

Amarâq er en verden som opphører, derfor er det som er igjen av den – det elementære, det ikke-forskjønnede – uforstilte geometriske grunnformer: kjegler og kuboider. Stillheten som utgår fra det karrige blir avbrutt av isens kalving, havets bølger, det plaskende regnet, den dalende snøen; dette stedet er bare en kulisse for vannets spill.

Men kanskje må Amarâqs landskap holde seg tilbake, for å kunne vise at jorda i virkeligheten ikke er det motsatte av himmelen, men et supplement: at skillet mellom himmel og jord er opphevet ved verdens ende og at himmelen er et like gedigent hav som havet er en gedigen himmel og fjellene skyer med grå render og at det er innenfor mulighetenes grenser å bestige denne speilingen, og ikke bare den, men også den ekte hvelvingen, mens man venter på de siste regndråpene, den første solstrålen og regnbuen, på den nederste himmelen, for deretter å klatre langsomt fra bue til bue, fra farge til farge, om vinteren, når alt har frosset til, og med hvert skritt bekreftes det da at verdens ende fortsetter i høyden, at det derfor bare tilsynelatende dreier seg om verdens ende.

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Auszug aus: Anna Kim, Anatomie einer Nacht (© Suhrkamp Verlag Berlin 2012)

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 Photo: Copyright by E. van Lanen

Anna Kim lebt und arbeitet in Wien. Zuletzt erschien der Roman „Die große Heimkehr“ (Suhrkamp Verlag, 2017). Im August wird ihr neuer Roman „Geschichte eines Kindes“ erscheinen. Mehr Informationen unter: https://www.suhrkamp.de/person/anna-kim-p-8771

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